(NZZ, Mittwoch, 26. Februar 2025, Seite 26-27)
Vor fünf Jahren gab es den ersten Covid-19-Fall in der Schweiz. Die Seuche riss tiefe Gräben in der Gesellschaft und unter Politikern auf. Protagonisten von damals schauen zurück – und sagen, ob sie heute etwas anders sehen.
Von Daniel Gerny und Simon Hehli
Vor fünf Jahren erreichte die Corona- Pandemie die Schweiz: Am 25. Februar 2020 wurde im Tessin die erste Person positiv auf das Virus getestet. Die Seuche war für die meisten Menschen in der Schweiz ein prägendes Erlebnis, sie führte zu politischen Verwerfungen. Laut offiziellen Zahlen steckte sich jede zweite Person im Land mit dem Virus an – und 14’000 Personen starben an oder mit Covid-19.
Das ganze Ausmass ahnen zu Beginn der Pandemie nur wenige. Einer von ihnen ist der Epidemiologe Christian Althaus. Wie andere Forscher wird er rasch zu einer bekannten Figur. Just am 25. Februar 2020 gibt er der NZZ ein Interview, das auf grosse Resonanz stösst, weil vielen der Ernst der Lage erst in diesen Tagen bewusst wird. Althaus warnt davor, dass in einem Worst-Case-Szenario bis zu 30’000 Menschen sterben könnten.
«Die meisten Fachleute gehen wie ich davon aus, dass die Sterblichkeit bei rund einem Prozent liegt. Das wären etwa zehnmal so viele Todesfälle wie bei einer normalen Grippe.»
Christian Althaus, Epidemiologe, 25. 2. 2020
Das sagt Althaus heute: «Meine Aussage entstand in der Frühphase der Pandemie, als die ersten detaillierten Schätzungen zum Anteil der infizierten Personen, die an Covid-19 sterben, veröffentlicht wurden. Diese Studien deuteten auf eine Infektionssterblichkeit von rund einem Prozent hin – eine Einschätzung, die auch die WHO kommunizierte. Rückblickend erwiesen sich diese ersten Schätzungen als erstaunlich präzise: In einigen Ländern lag die Infektionssterblichkeit tatsächlich etwas über einem Prozent, in der Schweiz aufgrund der guten medizinischen Versorgung bei rund 0,6 Prozent.
Damit war früh klar, dass Covid-19 mindestens zehnmal tödlicher als eine normale Grippe sein würde. Die hohe Übersterblichkeit in den folgenden Jahren in der Schweiz bestätigt dies. Rückblickend würde ich wohl stärker darauf hinweisen, wie hilfreich solche frühen Schätzungen sind, um angemessene Massnahmen vorzubereiten und die Bevölkerung über die bevorstehenden Auswirkungen der Pandemie zu informieren.»
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Im Sommer 2021 ist etwas mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft. Und die Diskussion darüber, wie wichtig die Impfung ist und was mit den Ungeimpften passieren soll, nimmt Fahrt auf.
«Wenn Beamte, die hoffentlich geimpft sind, auf dem Bundesplatz mit Maske Kuchen verteilen, um die Bürger zum Impfen zu animieren, untergräbt dies das Vertrauen in die Impfung.»
Beda Stadler, Immunologe, 21. 8. 2021
Das sagt Stadler heute: «Ich habe den Artikel, aus dem dieses Zitat stammt, nochmals gelesen und stehe weiterhin dazu. Heute gibt es für viele der damaligen Fragen solide Wissenschaft. Ich habe mich über die lästigen Masken lustig gemacht, aber es brauchte offensichtlich Cochrane-Studien, um aufzuzeigen, dass die Papierchen vor Mund und Nase ziemlich nutzlos waren. Etwa so, wie wenn man sich mit einem Nudelsieb auf dem Kopf vor dem Regen schützen wollte. Covid-19 wurde nicht von einem neuen Virus verursacht, sondern bloss von einem neuen Corona-Stamm, der schon immer vor allem unsere Kinder ansteckte.
Die meisten Jugendlichen waren und sind immun gegen verschiedene Corona-Stämme und brauchen keine Impfung. Die Risikogruppen würden allerdings einen besseren Impfstoff brauchen. Was wir alle gekriegt haben, soll nur sechs Monate schützen! Für mich als Immunologen ist das ein suboptimaler Impfstoff. Übrigens: Laut der WHO sterben jährlich bis zu 650’000 Menschen an der Grippe. Wer derzeit mit der Grippe im Bett liegt, hätte sicher lieber Covid-19. Die Corona-Pandemie wird als globale Hysterie in die Geschichte eingehen.»
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