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Immunologischer Grundkurs zur «Impf-Lüge»


(Weltwoche Nr. 45.22)

Die Zulassungsverfahren für die Corona-Impfstoffe wurden beschleunigt, die Behörden schauten aber genau hin. Es passierte nichts, was man nicht von anderen Krankheiten her kannte.

Beda M. Stadler

Bisher sind weltweit dreizehn Milliarden Impfdosen gegen das Coronavirus verabreicht worden. Man könnte also über die Frage nachdenken, wie vielen Menschen dadurch das Leben gerettet wurde – oder ob sich dahinter ein Impfskandal versteckt. Schliesslich war es schon ziemlich erstaunlich, dass sich der Bundesrat mit einer Magistratin, die sich einst mit Leib und Seele gegen die Gentechnik sträubte, in relativ kurzer Zeit dazu durchrang, in Visp eine Grossproduktion des RNA-Impfstoffs zuzulassen, obwohl die Landesregierung immer noch an einem Gentech-Moratorium in der Landwirtschaft festhält.

Kein Wunder, dass die gläubigen Weltretter sich mit den neuerwachten Impfgegnern zusammentaten. In den sozialen Medien entwickelte sich dadurch eine neue Verschwörungstheorie namens «Impf-Lüge», und diese hat in der Zwischenzeit auf fast alle Medien übergegriffen. Ich will nicht auf das mediale Hickhack eingehen, wer wann wo was gesagt hat, es wurde dazu schon fast alles gesagt, leider auch von der Weltwoche, weshalb ich nicht mehr für dieses Blatt schreiben wollte. Ich tue es noch einmal, sozusagen als immunologischer Kindergärtner.

«Massnahmeritis» nahm ihren Lauf. Bild: Michael Reynolds/EPA/Keystone

Was bewirkt eine Impfung?

Am Anfang der Pandemie habe ich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und auch Bundesrat Alain Berset kritisiert, aber was man ihnen jetzt antut, ist ziemlich grob. Man darf es ruhig einmal sagen. Proportional zur Einwohnerzahl hat die Schweiz weniger Corona-Tote zu verzeichnen als alle Länder rundherum.

Das ist keine Absolution, es verbleiben genügend Themen, um den Medien, der Politik und dem BAG immer noch Vorwürfe bezüglich der Corona-Pandemie zu machen. Mich stört, dass offensichtlich für viele Schweizer der Eindruck entstanden ist, eine chirurgische Maske tauge etwa gleich viel wie eine Impfung. Bleiben wir aber vorerst bei der «Impf-Lüge», die nur hervorgezaubert werden konnte, weil man nicht verstanden hat, was eine Impfung eigentlich bewirkt.

Das nötige Know-how für die Covid-Impfung hatte für alle angewandten Strategien bereits existiert. Beim Schreiben dieses Artikels ist mir sogar eine alte Vorlesungsfolie in die Hände gekommen aus einer Zeit, als ich noch ein junger Professor war, anhand deren ich damals den Studenten die RNA-Immunisierung erklärt hatte. Die verschiedenen Firmen haben in der Zwischenzeit die nötigen Tierversuche und andere Vorversuche für die Vakzine längst unter Dach und Fach gebracht. Man kann dies in alten Patenten und Publikationen nachlesen.

Die Impfstoffe waren also nicht so sehr neu, sie wurden nur noch nie bei Menschen angewandt. Die Gründe liegen leider im Markt und nicht in der Medizin. Das Virus war ebenfalls nicht neu. Coronaviren haben den Menschen seit je begleitet. Offen ist nur die Frage, ob die chinesische Regierung die Sequenz der neuen Virusmutante schon wesentlich länger als seit dem 11. Januar 2020 kannte und China deshalb etwas weniger Zeit für die Entwicklung des Impfstoffs brauchte.

Man war sich weltweit aber einig, dass eine Impfstrategie die einzig vernünftige Strategie zur wirklichen Bekämpfung von Covid darstellte. Daher gab es auch keine Proteste, als man den Impfstoffproduzenten erlaubte, ein abgekürztes Verfahren zur Einführung der Impfstoffe anzuwenden. Dabei wurden zum Teil die Phasen Präklinik und Klinik parallel statt nacheinander durchgeführt, was jetzt zu Kritik führte. Die Zulassungsbehörden in allen Ländern haben aber trotzdem überall genau hingeschaut – und das waren Wissenschaftler. Unter den Schöpfern der Impf-Lüge habe ich dagegen keine Wissenschaftler gefunden. Man kann es drehen und wenden, wie man will, es sind Impfstoffe herausgekommen, die schützen.

Die Alternative hätte darin bestanden, die Impfstoffe noch für mehrere Jahre zurückzuhalten, um zu erforschen, ob der humorale oder der zelluläre Arm des Immunsystems ausschlaggebend für die Abwehr ist, wie stark der Impfstoff sein muss, damit er auch verhindert, dass das Virus weitergegeben wird. Gleichzeitig hätte man die Frage klären müssen, wie gross die Herdenimmunität sein muss, um auf eine jährliche Impfung verzichten zu können. Es gibt also tatsächlich noch offene Fragen, die sich zum Teil mit jeder neuen Mutante neu stellen, bis das Coronavirus wieder ein normales Erkältungs- virus sein wird. Jetzt sind wir bei der Krux, der Impf-Lüge, angekommen.

  1. Es gibt in der Biologie und erst recht in der Immunologie keine 100 Prozent. Ergo gibt es auch keine Impfung, die zu 100 Prozent schützt.
  2. Bei jeder Impfung gibt es jeweils ein paar Menschen, die nicht darauf reagieren, sogenannte Non-Responders. Das ist normal und hat immunologische Gründe.
  3. Ist jemand immun und wird trotzdem angesteckt, bekämpft er den Eindringling mit seinem Immunsystem. Macht man während dieser Zeit einen PCR-Test, ist man natürlich positiv. Dauert der Zweikampf eine Weile, hat man schwache Symptome; war die Immunität nicht genügend, hat man etwas stärkere Symptome, aber immer noch nicht so heftig, wie wenn man nicht geimpft gewesen wäre. Das ist bei allen Impfungen so, weil das Immunsystem mit dem Alter an Kraft verliert.
  4. Es gibt eine ganze Reihe von Krankheiten, die das Immunsystem schwächen und somit ein relativ harmloses Virus zu einem gefährlichen machen können.
  5. Bei einer Ansteckung, bei welcher der Eindringling an der Oberfläche bekämpft wird, kann der Keim während der Anfangsphase noch weitergegeben werden. Das verhält sich zum Beispiel so bei Viren, die sich in den oberen Atemwegen vermehren, etwa bei Coronaviren. Das bedeutet eben nicht, dass die Impfung nicht funktioniert hat.
  6. Die Immunantwort gegen das Coronavirus ist noch derart wenig verstanden, dass es bis heute keinen Test gibt, der mit Sicherheit vorhersagt, ob man geschützt ist. Wendet man einen Test an, der sowohl im Abwasser wie im Patienten positiv ausfällt, und schliesst daraus auf die Krankheit, erhält man natürlich keine Antwort über den Schweregrad des Krankheitsverlaufs.
  7. Von den über fünfzig sehr wirksamen Impfstoffen gegen verschiedenste Pathogene, die bislang entwickelt wurden, haben selbstverständlich alle auch Nebenwirkungen. Jedes Medikament, das wirkt, hat Nebenwirkungen. Bei allen Impfstoffen sind diese aber harmlos im Vergleich zu den Auswirkungen der Krankheit. Das ist auch bei den Covid-Impfungen so.

Die Impfstoffe waren also nicht so sehr neu, sie wurden nur noch nie bei Menschen angewandt.

Fassen wir zusammen: Meine ursprüngliche Kritik an der Pandemiepolitik lautete damals: «Schaut auf die erste publizierte Statistik aus China. Das ist ein Abbild unseres Immunsystems. Also schützt Vulnerable und die Alten, lasst alle andern in Ruhe!»

Niemand hat dieser ersten Statistik geglaubt, bis unsere eigene Statistik dann auch so aussah. Aber eben, die «Massnahmeritis» nahm ihren Lauf – endlich mal wieder Macht für die Politiker! Wenigstens hat bei uns der Wahnsinn vor den Kitas haltgemacht, Berset sei Dank. Dann kamen die Impfstoffe. Für mich war die Reaktion darauf zu zögerlich, aber unter dem Strich doch in Ordnung.

Milderung der Verläufe

Ich sehe nichts, was passiert wäre, das nicht mit Erkenntnissen bei anderen Impfstoffen übereinstimmen würde. Weltweit scheinen klinische Daten darauf hinzudeuten, dass Krankheitsverläufe unter dem Einfluss der Impfung milder verlaufen. Coronaviren haben uns immer schon begleitet und werden das auch weiterhin tun. Selbst wenn die derzeitigen Impfungen verbessert werden sollten, ist diese Art von Viren wahrscheinlich nicht auszurotten.

Für einmal bin ich nun dem Bundesrat und dem BAG nicht an den Karren gefahren. Jetzt gehe ich mich impfen, ärgere mich über die Persiflagen von Alain Berset als Pinocchio, freue mich aber darüber, dass er nicht zu einem Lauterbach wurde.

Beda M. Stadler ist Professor em. und ehemaliger Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern.
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Ein Gedanke zu „Immunologischer Grundkurs zur «Impf-Lüge»“

  1. Pkt. 4: ja, „ Es gibt eine ganze Reihe von Krankheiten, die das Immunsystem schwächen“.
    Aber, es gibt auch Eingriffe von aussen wie aktuell die Gentherapie, welche offensichtlicj das Immunsystem schwächen. Jeder der als Ungentherapierter in einem Team arbeitet kann das bestätigen. Gentherapierte fallen im Monatstakt mit diversen Krankheiten inkl Covid immer wieder aus. Wir Ungentherapierten nicht und dürfen Ü-Stunden leisten. Wenn schon ein Mister „Topexperte“ so grossartig schwadroniert, was ist sein Problem, dass Menschen von der Strasse ihm das sagen müssen und nicht er selber etwas dazu sagt? Wer Statistiken braucht soll Spitalauslastungen vom BAG studieren. Kantone mit hoher Gentherapierten Quoten, hohe Auslastung.

    Pkt 3: „immunisiert und trotzdem angesteckt……. Das ist bei allen Impfungen so“. Ach Herr „Experte“, ich kenne keinen „Immunisierten“, der danach nicht min. 1 x Corona hatte. Und dad ist NICHT BEI ALLEN IMPFUNGEN SO.

    Rat eines Ratlosen (ratlos, weil ich Stadlers Grundkurs nur als extremen Zynismus annehmen kann, was aber nicht zur aktuellen Krankheits- und Übersterblichkeitswelle passt): kehren Sie endlich zur wissenschaftlichen Ethik zurück, anstatt die letzten Reste Vertrauen in die Wissenschaft zu torpedieren.

    https://www.medinside.ch/stadlers-grundkurs-zur-%C2%ABimpf-luege%C2%BB-20221111

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