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Wie ein Zeitungsartikel bei Facebook zur «Gesundheitsgefährdung» wurde

(Die Ostschweiz)

Zensur in den sozialen Medien

Beda Stadler ist emeritierter Immunologieprofessor und hat viel Ahnung von der Materie. Eine Zusammenfassung eines Interviews einer Wochenzeitung auf Facebook wurde aber gelöscht, verbunden mit einer Sperre für den Absender. Dieser wehrte sich. Mit Erfolg. Aber die Zensur ist kein Einzelfall.

Von Stefan Millius

Der «Bernerbär» ist eine Wochenzeitung in, nun ja, Bern. Man kann ihn im Briefkasten haben, man kann das E-Paper online lesen, und diverse Texte sind auch direkt in der Onlineausgabe verfügbar. So wie die Titelgeschichte der jüngsten Ausgabe, ein ausführliches Interview mit dem emeritierten Professor für Immunologie Beda Stadler. Der ist immer gut für kernige Aussagen, nicht erst seit Corona. Auch früher schon sprach er gerne Klartext, vor allem dann, wenn es darum ging, mit weit verbreiteten Vorurteilen über Gesundheit und ihre Erhaltung aufzuräumen. Unbekümmert legte er sich auch schon ins Zeug für üppige Kost nach Art der Grossmutter oder Genfood. Vielen Berufskollegen wird es da jeweils schwarz vor Augen.

Stadler, der selbst bereits an Corona erkrankte, kennt bei diesem Thema keine Tabus. Auch nicht im «Bernerbär». So sagt er dort beispielsweise, der PCR-Test könne ein positives Resultat aufweisen, sei aber unbrauchbar, um eine Erkrankung nachzuweisen. Er wiederholt die Forderung, ausschliesslich die Risikogruppen zu schützen, «doch man schickt ja lieber 20-Jährige in Quarantäne und legt eine ganze Gesellschaft lahm.» Wer im Freien mit Maske herumlaufe, sei «Opfer einer falschen Kommunikation», so Stadler, und die Maske diene vor allem dazu, «die Bevölkerung auf eine bestimmte Linie zu trimmen.»

Dass er sich damit nicht nur Freunde macht: Keine Frage. Aber sind seine Aussagen gesundheitsgefährdend für die Öffentlichkeit?

Das sind sie – befand Facebook. Und zwar, nachdem Stephan Sembinelli dort eine Kurzfassung des Interviews publiziert hatte. Sembinelli liefert seit vielen Monaten akribisch Zahlen, Fakten und Statistiken rund um die Coronasituation, unter anderem auch für Wikipedia. Sein besonderer «Service» auf Facebook: Er liefert Zusammenfassungen von Beiträgen aus Zeitungen und anderen Medien, die er für interessant und erhellend hält. Das wissen inzwischen viele Nutzer, seine Veröffentlichungen erreichen immer sehr schnell ein grosses Publikum.

Das war auch im Fall des «Bernerbär»-Interviews der Fall – bis Facebook einschritt. Der Beitrag wurde gelöscht.

Auch Beda Stadler, von Stephan Sembinelli informiert, war perplex. «Hat FB wenigstens einen Grund angegeben?», so seine Rückfrage. Er staune, «wer da wohl eine Falschmeldung gefunden hat?»

Für Sembinelli hatte das Ganze – zunächst – noch weitreichendere Konsequenzen. Nicht nur war seine Arbeit verschwunden, Facebook strafte ihn gleich auch noch mit einer Sperre von 30 Tagen ab.

Sembinelli beschwerte sich über den Entscheid via Supportseite von Facebook. Der Beitrag wurde wiederhergestellt, «allerdings mit einer meines Erachtens gar läppischen Begründung», wie er findet.

Unterm Strich, das könnte man nun sagen, ist nicht viel passiert. Allerdings weist Stephan Sembinelli darauf hin, dass er «bei weitem nicht der einzige» sei, dem so etwas widerfahre. Die Sperrung über eine solch lange Zeit sei «jenseits von Gut und Böse und wiegt zusätzlich». Das Vorgehen von Facebook sei aus seiner Sicht straf- und zivilrechtlich relevant. Eine Anwältin bestätigte ihm das und empfahl, ausdrücklich nach dem Verursacher der Sperrung zu fragen, da man diesen strafrechtlich angehen könne. Zivilrechtlich wird der Vorwurf der Gesundheitsgefährdung mit anschliessender Sperrung als Persönlichkeitsverletzung qualifiziert.

Auch den bekannten deutschen Medienrechtsanwalt Ralf Höcker kontaktierte der Solothurner. Dessen wohl bemerkenswerteste Aussage mit Blick auf das, was derzeit vorgeht: Man könne grundsätzlich helfen, sei aber im Moment komplett überlastet.

Dass Facebook rigide vorgeht, wenn es um Corona geht, ist längst nicht mehr zu übersehen. Beiträgen, die sich um das Virus drehen, wird standardmässig ein Link zu weiteren Informationen eingeblendet – natürlich offiziell abgesegneten. Immer wieder stellen Nutzer fest, dass sie vor der Veröffentlichung eines Beitrags in einem Zwischenschritt gefragt werden, ob sie das wirklich tun wollen, denn es gehe ja offenbar beim Geschriebenen um Corona. Und Löschungen sowie Sperrungen sind an der Tagesordnung, wenn jemand die offizielle Darstellung kritisch hinterfragt oder anzweifelt oder Links zu Webseiten postet, die nicht dem Kurs der Regierenden folgen.

Beda Stadler selbst zieht mit Blick auf den Vorgang eine Bilanz, die wie immer kurz und knackig ausfällt: «Zu viel Macht und zu wenig Kompetenz.»

Quelle: https://www.dieostschweiz.ch/artikel/wie-ein-zeitungsartikel-bei-facebook-zur-gesundheitsgefaehrdung-wurde-5YNkbqv

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