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Wieder eine Anti-Raucher-Kampagne, die verpuffen wird

(NZZ am Sonntag – Meinungen – Der externe Standpunkt – 22. Februar 2015, Seite 22)

Statt Rauchern dumme Ratschläge zu erteilen, sollte das Bundesamt für Gesundheit eine Alternative fördern: E-Zigaretten sind weniger schädlich – und der Flash ist erst noch besser, meint Beda M. Stadler

Die neue Tabakpräventionskampagne des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zeigt rauchende Köpfe. Diese qualmen so sehr, dass man die Köpfe gar nicht erkennen kann und somit eine Kopflosigkeit hinter der Kampagne vermutet. «Ich bin stärker», lautet der Slogan, was man nervlich auch sein muss, um für 8 Rappen pro Minute bei der Rauchstopplinie telefonisch Hilfe zu erbitten. Das ist eine neue Strategie, weil bisher mit Warntexten und Gruselbildern auf den Zigarettenpackungen versucht wurde, die Raucher zu verängstigen. Allerdings haben die vergangenen Kampagnen fast nichts bewirkt. Der Anteil der rauchenden Schweizer bewegt sich seit Jahren um 25 Prozent. Mit einer wahren Schafsgeduld haben die Raucher fast alles erduldet, selbst eine Diskriminierung durch eine fragwürdige Passivrauchkampagne.

Sind die 9 Millionen Franken der neuen Kampagne einmal verpufft, wird man wiederum vergeblich nach einer Beurteilung der Wirkung suchen. Man wird wohl eine geringe und langsame Abnahme der Zahl der Raucher feststellen, aber niemand wird sagen, worin der Grund dafür lag. Fragt man die Raucher, so ist die Antwort klar: Es ist der Preis. Das will niemand so offen eingestehen, weil es ein zweischneidiges Schwert ist. Im Jahr 2013 schossen die Raucher 2,3 Milliarden Franken in die AHV ein, immerhin etwa 6 Prozent aller AHV-Einnahmen. Eine wirksame Anti-Raucher-Kampagne des BAG wäre also ein Horrorszenario für die AHV.

Es ist kaum möglich, den Bund für die nutzlosen Kampagnen zur Rechenschaft zu ziehen, da von jedem Paket Zigaretten 2,6 Rappen in den Tabakpräventionsfonds gehen. Das sind jährlich etwa 15 Millionen Franken, mit denen die Raucher sich quasi mit dem eigenen Geld anschwärzen. Ein gleich hoher Betrag wird den Rauchern zusätzlich abgezweigt, um den Fonds für die Mitfinanzierung des Inlandtabaks zu speisen. Damit werden rund 350 Tabakbauern unterstützt, damit sie etwas anpflanzen, was man unter keinen Umständen konsumieren sollte. So viel zur Glaubwürdigkeit des Kampagnenführers.

Lustigerweise sieht die neueste Kampagne nicht nach Rauchen, sondern nach Dampfen aus. Nur mit Dampfen sind solche reinen Wasserdampf-Wolken zu produzieren, sicher nicht mit einer Zigarette. Das BAG weiss wahrscheinlich selber, dass Dampfen das Rauchen ablösen wird. Trotzdem hilft man mit, die E-Zigaretten zu verteufeln.

Rauchen ist ein echtes Gesundheitsrisiko, was man beim besten Willen vom Dampfen nicht behaupten kann. Es gibt bereits mehr als hundert Arbeiten über E-Zigaretten. Also ist das Argument, es gebe noch fast keine Daten, beinahe üble Nachrede. Der Forscher Peter Hajek und einige seiner Kollegen, alle aus renommierten englischen und amerikanischen Universitäten, kamen 2014 in einer Übersichtsarbeit in der Zeitschrift «Addiction» zum Schluss: «Einige der toxischen Stoffe aus dem Tabakrauch können, in wesentlich geringeren Mengen, auch in dem Dampf von E-Zigaretten enthalten sein. Die gesundheitlichen Langzeiteffekte des Konsums von E-Zigaretten sind unbekannt, aber wenn man E-Zigaretten mit Tabakzigaretten vergleicht, sind E-Zigaretten voraussichtlich viel weniger, wenn überhaupt, schädlich für Konsumenten oder Dritte.»

Wollten die Verantwortlichen des Bundesamts also effektiv etwas für die Gesundheit der Raucher tun, dann müssten sie eine Kampagne für die E-Zigaretten machen, da diese etwa 100- bis 1000-mal weniger schädlich sind als Zigaretten.

Ich selber habe es mehr aus Gwunder versucht und bin innerhalb einer Woche zum Dampfer geworden. Das ist für meine Umgebung und für mich erfreulich, nicht zuletzt weil ich in den sechs rauchfreien Monaten bereits mehr als 1500 Franken weniger Steuern abgeliefert habe. Innerhalb eines Monats war ich meinen Raucherhusten los.

Ärgerlich ist allerdings, dass ich die sogenannten Liquids zum Nachfüllen mit Nikotin im Ausland bestellen muss, weil Nikotin im Gegensatz zu allen anderen harmlosen Stoffen in den Liquids leider gemäss Lebensmittelgesetz nicht zugelassen ist – obwohl man mit jeder Tomate oder Aubergine etwas Nikotin schluckt. Die Wissenschaft ist sich einig: Nikotin zeigt, über viele Jahre in niedrigen Dosen eingenommen, nur geringe chronische Schädigungen des Organismus und ist zudem nicht krebserregend. In tiefen Dosen hat Nikotin gar einen stimulierenden Effekt. Beim Dampfen spürt man diesen Flash übrigens besser als beim Rauchen.

Dass Nikotin abhängig macht, wissen die Raucher. Darum geht es nicht. Umsteigewillige Raucher suchen eine Alternative, nicht eine Strafe oder dumme Ratschläge. Ich hoffe, die Dampfwolken der neuen BAG-Kampagne waren eine verschlüsselte Botschaft für die Raucher und nicht die Ankündigung, dass man schon bald das Dampfen besteuern will.

Beda M. Stadler, 64, stammt aus Visp und ist emeritierter Professor und ehemaliger Direktor des Universitätsinstituts für Immunologie an der Universität Bern. Er betreibt Forschung auf dem Gebiet der Allergologie und Autoimmunität. Stadler ist im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung zur Förderung des evolutionären Humanismus.

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