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Humor ist, wenn es keiner merkt

(NZZ am Sonntag – Meinungen – 6. April 2008, Seite 22)

Warum die Gentech-Ängste der Umweltschützer zum Lachen sind


Beda M. Stadler

Greenpeace betreibt auf dem Internet eine Seite, die als Geheimtipp unter den Humorseiten gelten darf (www.gmcontaminationregister. org). Das besonders Lustige an dieser Seite ist, die meisten Besucher bemerken gar nicht, wie viel Humor Greenpeace hat. Böse Zungen behaupten allerdings, Greenpeace mache sich über ihre Spender lustig. Die Seite nennt sich nämlich «GM Contamination Register», ist also ein Register, das weltweit alle «Kontaminationen » mit gentechnisch manipulierten Organismen aufführt. Dies suggeriert eine tödliche Bedrohung und wird seit drei Jahren in einem jährlichen Report als Mahnmal für die Welt festgehalten. Die Wortwahl «Kontamination » sollte allerdings stutzig machen, sind doch die meisten verteufelten Gentechprodukte gesünder als diejenigen, die «kontaminiert» werden. Da es sich aber vermutlich um eine Humorseite handelt, darf man dies natürlich.

Im Jahr 2007 werden elf illegale Freisetzungen von genmanipulierten Organismen aufgeführt. Vergleicht man dies mit den 114,3 Millionen Hektaren, auf denen zur gleichen Zeit gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit gewachsen sind, sind elf folgenlose Ereignisse nicht gerade viel. Eigentlich sind es sogar weniger. Drei der Fälle stammen nämlich aus Rumänien, wo der Anbau von gentechnisch veränderten Sojabohnen erst mit dem Eintritt in die EU illegal wurde. Zwei Fälle werden als illegale Freisetzungen bezeichnet, weil in Japan Rapssamen und in Brasilien Baumwolle von einem Lastwagen heruntergefallen sind. Greenpeace hätte somit noch weitere ähnliche Fälle aufzählen können: Jeder, der nämlich im Zug ein Plumpsklo benutzt und vorher genveränderte Tomaten gegessen hat, macht zwischen den Bahnschienen eine illegale Freisetzung. Tomatensamen nehmen oft diesen natürlichen Weg. Aber eben, so weit geht der Humor von Greenpeace doch nicht.

Es lohnt sich, einen Blick auf die häufigste illegale Freisetzung (vier) im Jahre 2007 zu werfen. Dabei handelt es sich um die illegale Ausbreitung von genmanipulierten fluoreszierenden Fischen. Fluoreszierende Zebrafische sind ein «Abfallprodukt» aus der Genforschung und werden in der Zwischenzeit in verschiedenen Ländern als Aquariumfische verkauft, weil sie so schön leuchten. Natürlich gibt es auch natürlicherweise leuchtende Fische in unnatürlichen Aquarien. Das stört Greenpeace nicht, sondern es geht um die Verbreitung von Angst: Ein leuchtendes Zebrafisch- Pärchen könnte den Sprung vom Aquarium in die Toilette schaffen und würde via Kanalisation unsere Seen zum Leuchten bringen. Schliesslich wird argumentiert: Ein einmal freigesetztes Gen sei nicht mehr «rückholbar». Wenn das doch nur ausgestorbene Arten gewusst hätten, etwa das Mammut oder die Dinosaurier!

Wer im Zug ein Plumpsklo benutzt und vorher genveränderte Tomaten gegessen hat, macht eine illegale Freisetzung.

Laut Greenpeace hat im Juli 2007 das neuseeländische Fischerei-Ministerium 300 genmanipulierte Zebrafische beschlagnahmt und «zerstört». Die brutale Wortwahl suggeriert: Es wurden nicht 300 lebende Fische unnötigerweise umgebracht, sondern ein ekliges, genmanipuliertes Kontaminationsprodukt wurde ausgerottet. Die Natur ist eben nur lieb, wenn sie grün ist, nicht aber, wenn sie fluoresziert. Falls sich auch bei uns jemand vor fluoreszierenden Fischen fürchtet, sollte er sich in die Haut eines Hechts versetzen. Was gäbe es Schöneres als leuchtende Beutefischchen, die dank dem zusätzlichen Eiweiss einen leicht gesteigerten Nährwert haben? Die mühsame tägliche Jagd würde zum Schiessbudenschiessen. Trotzdem sollte man alle drohenden Folgen in Betracht ziehen. Hechte könnten schliesslich fressfaul werden. Ihre Essstörung könnte zu einer Anorexie führen, mit der andere Jugendliche angesteckt werden können. Die Folge wäre ein globaler Schlankheitswahn unter den Fischen – ein echter Eingriff in die Schöpfung! Gott bewahre!

Im Ernst. Ich danke Greenpeace aus vollem Herzen für diese Humorseite und hoffe, die Spendengelder fliessen fleissig weiter.


Beda M. Stadler ist Direktor des Instituts für Immunologie und Professor für Immunologie an der Universität Bern.

NZZ am Sonntag, 6. April 2008, Seite 22

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